Seminar über 3D Druck an der HfG Offenbach, gemeinsam mit Prof. Dr. Martin Gessmann, SS 2013. Neben den technischen Implikationen wurden kulturtheoretische Folgen des additive Manufacturing diskutiert. Im Zuge des Seminars fand auch eine Vortragsreihe statt.

»3D-Technik hat unsere Lebenswelt verändert. Sei es bei den Verfahren der Simulation, wie wir es im Kino in Bild und Ton erleben (und natürlich auch längst schon zuhause), sei es bei der technischen Zeichnung und Konstruktion von Produkten und Architektur, bei der 3D- Technik im CAD-Programm zum Einsatz kommt, und nicht zuletzt in der seriellen Produktion, bei der längst 3D-Drucker und CNC-Fräsen in die Produktionsprozesse integriert wurden, beispielsweise beim Unibody-Gehäuse von Apple, das aus einem Aluminiumblock gefräst wird. Der Einsatz von 3D bringt dabei zum einen Veränderungen für die Modellbautätigkeit des Designers. Aber der Wandel ist viel umfassender, er vollzieht sich nicht nur in den Werkstätten der Designer. Denn die Grenzen der Disziplinen verschwimmen, sobald ‚MAKER’ und sogar ‚Bricoleure’ anhand dieser Geräte Resultate produzieren können, wie sie bisher nur die Industrie mit ihrer besonderen Maschinerie etwa zur Herstellung von Spritzgussteilen lieferte. Die Grenzen des Designs werden durchlässig, wenn der private 3D-Drucker die Herstellung von Kleinstserien erlaubt, die beim Verbraucher selbst entstehen und damit die einstige Industrieproduktion dezentral werden lässt. In den Medien wird diese Demokratisierung der Produktionsmittel bereits heiß diskutiert. So spricht etwa Chris Anderson, Autor des amerikanischen Bestsellers»Makers: The New Industrial Revolution« bereits von einer »dritten industriellen Revolution«. Aber auch die Grenzen des guten Geschmacks stehen auf dem Prüfstand, wenn 3D-Drucker zur Heimarbeit in Sachen Kunsthandwerk mit Designambition anregen. Eine Heimarbeit, die freilich, den neuesten Entwicklung folgend, bis zum Autobau und sogar bis zum Hausbau reicht.

Die Theorie kann sich dem Thema (vorerst) entspannter nähern. Grundsätzliche Überlegungen sind im Rahmen einer Medientheorie anzustellen. So ist klar, daß 3D-Gestaltung natürlich keine ganz neue Sache ist, Skulpturen dürften zum unvordenklichen Bestandteil menschlicher Kultur und Ästhetik zählen. Freilich ist eine besondere Aufmerksamkeit auf das Thema auch immerschon mit der Vorstellung einer Konkurrenz des 3D-Gestalteten zur Wirklichkeit verbunden. Von den Götzenbildern in der Religion über die menschgestaltigen Herrschaftszeichen in derPolitik bis zu Frankenstein und seiner literarischen Erfindung der Monster zieht sich so gesehen eine Linie. Weiter gilt es zu fragen, was die 3D-Technik an ethischen Fragen aufwirft. Auch wenn diese Fragestellung zuerst marginal erscheint, sei doch an die Meldung erinnert, es ließen sich nun auch Sturmgewehre auf dem Heim-3D-Drucker ausdrucken. Schließlich gilt, die ästhetischen Folgen und Eigenarten der neueren 3D-Technik zu untersuchen. Was wird ausdem Unikat? Während Design-Entwürfe inzwischen den Weg in die Museen finden oder auf demKunstmarkt gehandelt werden, ist das für die Ausstellung und den Verkauf von Erst-Datensätzenkaum vorstellbar. Umgekehrt gibt es auch Überlegungen, mit dem 3D-Druckverfahren eineDemokratisierung des Designs in Verbindung zu bringen. Im Sinne Walter Benjamins lässt sich demnach fragen, was das ‚Design im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit’ an gesellschaftlichen Folgen mit sich bringt. So sind es nicht die Dinge des Designs, die hier reproduziert werden (Design zielt per se auf serielle Produktion ab), vielmehr wird die Tätigkeit des Designers zum Massenphänomen, diese Tätigkeit wird gewissermaßen demokratisiert. Dient also das Verfahren des 3D-Drucks zur ästhetischen Aufklärung oder zum Anschluss an den Massenkonsum? Ist es eine Maßnahme kritischer Distanz oder ein noch weiter gehender Anschluss unserer Kunstbedürfnisse an eine alles dominierende Kulturindustrie, wie sich zuletzt mit Adorno mutmaßen ließe.« (Text aus dem VVZ)