AnnikaFrye_Antrittsvorlesung_EflyerDas Format der Antrittsvorlesung an der Muthesius Kunsthochschule Kiel soll mir dazu dienen, meine Position im zeitgenössischen Designdiskurs darzustellen. Als Industriedesignerin und Designwissenschaftlerin betrachte ich Design ausgehend von den Ideen und Paradigmen der Designtheorie, aber auch ausgehend von meiner eigenen Praxis. Es kommt mir dabei auf die Perspektive an, Designprodukte nicht ausschließlich als abgeschlossene historische Artefakte wahrzunehmen. Zentral ist für mich der Blick auf den Designprozess. Die Betrachtung von Design als Prozess fördert oft bislang unentdeckte, ephemere Artefakte zutage.

Auch löst sich in der prozesshaften Betrachtung von Design das Problem einer rigiden Methodologie, der im Design seit der späten Moderne ein bestimmter technokratischer Rationalismus anhaftete. Hier wurde Design als Planungstun missverstanden – im Sinne einer Verwechslung von Produkt und Prozess, wobei man die Abgeschlossenheit und vermeintliche Endgültigkeit der Designprodukte auf den Designprozess übertragen hat. Ebendiese Vereinfachung von Design fällt jedoch weit hinter das eigentliche Design zurück, weil Designer immer schon ein reflektierteres Verständnis ihrer eigenen Praxis hatten. Im emphatischen Sinne ist Design ein Vermittlungsprozess zwischen verschiedenen Akteuren, der per se unabgeschlossen ist. Auch klassische Designprodukte markieren – selbst wenn es sich um vermeintlich abgeschlossene Produkte wie den Rasierapparat der Firma Braun handelt – im Sinne einer offenen Struktur des Designprozesses immer nur Zwischenstände eines Arbeitsprozesses.
All dies möchte ich anhand meiner Arbeit zu Improvisation darstellen, die vor kurzem im transcript-Verlag erschienen ist. Im zweiten Teil der Antrittsvorlesung möchte ich dann einen Ausblick wagen auf die Vermittlung dieses Designverständnisses in der Lehre und meine weiteren Projekte sowie Forschungsinteressen skizzieren.