Im Zuge meiner Beschäftigung mit Interfaces erschien im Oktober 2018 mein Text »Interaktives Skizzieren, Prototyping und Interaktion im Entwurfsprozess« in dem von Jochen Denzinger herausgegebenen Buch »Das Design digitaler Produkte. Entwicklungen, Anwendungen, Perspektiven« (Birkhäuser-Verlag). Hier argumentiere ich, dass zeitgenössisches Entwerfen neue Formen der Interaktion hervorbringt, in der Analoges und Digitales sich zu einer neuen, hybriden Form von Materialität verbinden.

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Als Charles W. Hull zu Beginn der 1980er-Jahre seinen „Apparat zur Produktion von dreidimensionalen Objekten mittels Stereolithografie“ zum Patent anmeldete, wurden in den meisten Designwerkstätten Modelle und Prototypen noch von Hand gefertigt. Designer entwickelten ihre Entwürfe zunächst am Reißbrett und dann in der Werkstatt. Der 3D-Drucker konnte jedoch erstmals eine unmittelbare Verbindung zwischen den Ideen der Designer und deren materieller Umsetzung herstellen. So notierte Hull in seiner Patentschrift, dass seine Entwicklung ein beträchtliches Potenzial in Bezug auf die Herstellung von Prototypen und Modellen im Designprozess entfalten könnte. Zuvor mussten Designer ständig zwischen den abstrakten, am Rechner entwickelten Formen und den konkreten Materialien und Techniken des Design vermitteln. Hulls Erfindung hingegen vereinfacht diesen Interaktionsprozess, weil sie eine Lücke zwischen digitaler Simulation und konkretem Artefakt schließt. Diese Lücke schien in rechnergestützten Planungsprozessen mehr noch als in den vormals handwerklichen Modellbildungsverfahren Probleme für den Formgebungsprozess aufzuwerfen (vgl. Sennett 2009, S. 60 f.), worauf ich noch zurückkommen werde. Innerhalb der Designabteilungen wurde die 3D-Druck-Technik daher schnell zu einem gängigen Werkzeug, die Firma Braun etwa setzte seit den 1990er-Jahren CNC-Maschinen und später auch 3D-Druck-Techniken in ihren Entwurfsprozessen ein.

Die Wechselwirkung Analog – Digital

Die Entwurfspraxis scheint nun in ihren Prozessen ein Verständnis von „Postdigitalität“ auszubuchstabieren, wie es insbesondere der Kultur- und Medienwissenschaftler Felix Stalder skizziert: „Die ästhetischen Projektionen – Immaterialität, Perfektion und Virtualität –, die nach wie vor das Bild des ‚Digitalen‘ bestimmen, werden […] verwor- fen.“ (Stalder 2016, S. 19). Er führt aus, dass infolge dieser Grenzau ösung insbesondere „[…] prozessuale und auf Interaktion ausgerichtete Praktiken, die sich zunächst inner- halb der digitalen Medien entwickelten, mittlerweile in immer mehr Kontexten und in immer mehr Materialien auftauchen.“ (ibid.). Diese neue Materialität, so die Vermutung, setzt dann neue Formen der Interaktion voraus oder bringt diese überhaupt erst hervor.